In meinem zweiten Artikel über das Restless-Leg-Syndrom hatte ich ganz allgemein etwas dazu geschrieben. Ich leide nun schon längere Zeit, nahezu 20 Jahre, an diesen unruhigen Beinen. Es waren früher immer Phasen von einigen Wochen, in denen diese Unruhezustände auftraten und mich arg mitgenommen hatten. Nicht die Unruhe in den Beinen selber haben mir zugesetzt, sondern der damit verbundene Schlafentzug bzw. Schlafmangel.
Wer nicht schläft, ist genauso gefährdet wie der, der nicht isst oder nicht trinkt. Mir ist jetzt in den letzten Tage diese schwelende Lebensgefahr sehr bewusst geworden. Es ist nicht so, dass die unruhigen Beinen das Leben aushauchen können, sondern eben der Umstand, dass durch Schlafentzug das Denken sehr beeinträchtigt wird. Und wer nicht mehr rational denken kann, denkt eben irrational. Und das kann auch in Richtung Freitod gehen. Darum ist Schlafentzug/-mangel genauso gefährlich wie der Entzug von Wasser (Flüssigkeit) und Nahrung.
Ich bin nun seit Ende November 2020 in fachärztlicher Behandlung. Die Jahre zuvor waren eher davon geprägt, dass überhaupt keiner zuhörte oder mich mit meinem Probleme ernstnehmen wollte. Die Allgemeinmediziner haben damit gar nichts am Hut, wie es scheint. Da meine unruhigen Beine immer auch mit einer parallel laufenden Depression auftraten, die ebenfalls nicht behandelt werden wollte, konnte ich mich nie wirklich verständlich machen bzw. mal offene Ohren finden. Leider muss ich das in der Nachschau so sagen. Ein Ergebnis ist wohl, dass die unruhigen Beine seit September 2018 nun chronisch sind und bleiben.
Doch auch die Behandlung durch einen Facharzt hilft mir nur bedingt. Bin ich körperlich in einer guten Phase, dann schlägt das Medikament mit dem Wirkstoff Pramipexol (wird bei Parkinson-Erkrankungen eingesetzt) relativ gut an. Diese relative Hilfe ist jedoch nicht ausreichend. Meistens lässt mich das Medikament gut einschlafen, ohne dass die Beine unruhig werden. Leider aber ist der Schlaf mit einer Dauer von 3 bis 4 Stunden viel zu kurz. Um dann den Tag über arbeitsfähig zu sein, oder andere Aufgaben des normalen Lebens zu erledigen, ist diese kurze Schlafzeit einfach zu wenig und bringt nicht die notwendige körperliche Erholung.
Das Ergebnis daraus ist, und das kann ich nun nach einem Jahr auf mich bezogen behaupten, dass ich einen erheblichen Verlust an Lebensqualität habe. Ich kann vieles, weil keine Kraft und Energie mehr vorhanden ist, nicht mehr machen. Und wenn ich es doch mache, dann habe ich darunter zu leiden. Meine Arbeitsfähigkeit ist eingeschränkt und führt dazu, dass ich bei meinem Arbeitgeber eine temporäre Arbeitszeitverkürzung beantragen musste. Ich habe nicht nur weniger vom Leben, sondern auch noch Gehaltseinbußen.
Zum Zeitpunkt des ersten Artikels war ich in einer Situation, in der ich jetzt akut auch wieder war. Diese aktuelle Welle war bzw. ist aber stärker. Wie äußerst sich das?
Schlafmangel bzw. fast komplette Schlaflosigkeit über fast 6 Tage!
Auch wenn ich mich müde fühle, komme ich kaum in den Schlaf. Der Körper und der Kopf sind dumpf und fühlen sich an, als würden sie nicht zu mir gehören. Alles ist wie in Watte gepackt. Aber der Geist, der ist wach, wenn auch nicht leistungsfähig.
Nun, da ich die Sympthome früh genug erkennen konnte, habe ich Buch geführt. Zur Mitte der Phase hatte ich sogar einen Termin beim Facharzt. Nachfolgend in Kurzform diese Periode von ungefähr 6 Tagen - beginnend ab Samstag 27.11.2021:
- Samstag auf Sonntag - 3,5 Stunden Schlaf
- Sonntag auf Montag - 4 Stunden Schlaf
- Montag auf Dienstag - 3 Stunden Schlaf (Fahrradunfall auf dem Weg zur Arbeit - Eigenunfall)
- Dienstag auf Mittwoch - 2,5 Stunden Schlaf
- Mittwoch auf Donnerstag - kein Schlaf (Arztbesuch am Mittwoch mit neuem Medikament)
- Donnerstag auf Freitag - 1 Stunde Dämmerschlaf
Am Mittwoch verschrieb mir der Arzt ein neues Medikament, welches mich abends müde machen sollte. Aber analog zu den 10 Schlaftabletten, die ich im August in der vorherigen Welle eingenommen hatte, hatte dieses Medikament überhaupt keine Wirkung. Auch nicht in Kombination mit dem normalen Medikament in höherer Dosierung. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag habe ich nicht eine einzige Minute geschlafen. Nicht eine einzige.
Am Donnerstag nach der Arbeit habe ich versucht zu schlafen. Die Beine waren ruhig, aber ich konnte einfach keinen Schlaf finden. Mein Körper schien sich dagegen zu wehren in den Ruhezustand zu gehen. Auch hatte ich das Gefühl, dass mir das Herz bis zum Hals schlagen würde.
Die darauffolgende Nacht war auch nicht erholsam. Ich hatte einen leichten Dämmerschlaf, trotz der Medikamenteneinnahme. Am Freitag konnte ich so gerade eben mit Ach und Krach noch den Arbeitstag über die Bühne schaukeln. Und dann war ich so fertig, dass ich in die Nähe der oben beschriebene Lebensgefahr kam. Hätte man mir gesagt:
Da ist eine Türe. Gehe hindurch und Du kommst nie wieder.
wäre ich ohne Umwege durch diese Türe gegangen…
Stattdessen bin ich ins Bett gewankt, habe Ohrstopfen in die Ohren getan und bin dann endlich eingeschlafen - für 5 Stunden (ca. 13 bis 18 Uhr).
Wow! 5 Stunden am Stück geschlafen. Das hatte ich seit Wochen nicht mehr. Aber richtig erholt fühlte ich mich nicht. Zumindest war der Wattekopf gelindert.
In der Nacht von Freitag auf Samstag konnte ich nicht gut einschlafen. Ich hatte auf die Medikamente verzichtet. Die Beine blieben ruhig, aber Schlaf kam erst gegen 2.30 Uhr und war um 7.30 Uhr wieder beendet. Aber wiederum waren es ca. 5 Stunden, die aber nicht so tief waren wie die vom vorherigen Nachmittag.
Der Samstag war dann ok und ich fühlte mich einigermaßen gut. Dieses Herzklopfen hatte zwar nicht so ganz aufgehört, aber meine Stimmung war ok und ich konnte mich sogar für etwas begeistern.
Heute, am Sonntag, habe ich eine schlechte Nacht von Samstag auf Sonntag hinter mich bringen müssen. Wieder konnte ich am Samstagabend nicht einschlafaen, obwohl ich wieder die Medikamente eingenommen hatte. Erst gegen 4.00 Uhr, also nach fast 20 Stunden des Wachseins, schlief ich ein, um dann um 7.30 Uhr völlig kaputt wieder aufzuwachen.
Vor der nächsten Nacht habe, wie fast immer, Angst. Denn ich muss morgen arbeiten und daher muss ich früh genug einschlafen. Schlafe ich nicht ein, weiß ich genau, was mich dann morgen wieder erwartet. Eine Qual! Und vielleicht auch wieder Lebensgefahr. Aber wer will das schon wissen?
Ich habe, so gut es mir überhaupt möglich ist, im Internet recherchiert und weiß, dass ich nicht der einzige bin, der so dermaßen mit den Auswirkungen der unruhigen Beine zu kämpfen hat. Allerdings frage ich mich, was erst passieren muss, damit ich wieder in ein einigermaßen normales Leben zurückkehren kann. Die Frage ist natürlich auch, ob ich jemals wieder gesund werde und Lebensfreude haben werde.
Auch wenn ich nicht mehr lesen kann, so bin ich doch froh, dass ich zumindest wieder schreiben kann. Das erleichtert mir die aktuelle Situation.
Jopii, 05.12.2021
Hier geht es zum 3. Teil: Restless Leg Syndrom - nach der Welle ist vor der Welle Hier geht es zurück zum 1. Teil: Restless Leg Syndrom - der Horror