Nun ist es soweit. Am heutigen Montag hatte ich einen Anruf aus der Klinik. Mir wurde mitgeteilt, dass kurzfristig ein Platz freigeworden war und ich am morgigen Dienstag würde aufgeschlagen können. Mir war klar, und ich hatte es auch herbeigesehnt, dass dieser Anruf noch in der Krankschreibungsphase kommen würde, aber mit etwas mehr Vorlaufzeit hatte ich dann doch gerechnet. Aber was soll es. Ich werde die Gelegenheit nutzen und das Beste daraus machen.
Doch was wird das Beste sein?
In meinem letzten RLS-Artikel hatte ich davon berichtet, dass ich mich noch nicht im Wellental sah, aber doch besseren Schlaf hatte. Heute kann ich sagen, dass ich wohl das Wellental erreicht habe, denn besser habe ich die letzten 24 Monate nicht geschlafen. Ich schlafe gut ein. Ich schlafe bis zu 4 Stunden durch. Ich schlafe nach dem Aufwachen auch wieder ein. Dann allerdings nicht mehr tief. Seit dem 18.04.2022 hat sich das immer weiter gebessert.
Das Resultat ist, dass ich ein ganz anderer Mensch bin. Ich hocke nicht nur trübselig vor mich hin, sondern ich mache etwas (Rasen mähen, Radfahren, Fotografieren), ich plane wieder etwas (Urlaub, Freizeit, Programmierprojekt) und habe wieder Hoffnung auf die Zukunft. Und ich kann auch wieder längere Zeit lesen und mich konzentrieren. Die letzte Welle hat genau 4 Wochen angedauert und war so schlimm wie noch nie.
In der Nacht vom 18. auf den 19.03. ging es los. In der Nacht vom 18. auf den 19.04. fand ich endlich wieder etwas erholsamen Schlaf.
Nun bin ich natürlich etwas irritiert, denn die schlimme Phase bekommen die Mediziner nicht mehr zu sehen. Es sei denn, die Welle kommt in 4 Wochen wieder. So wie sie es sonst auch macht. Aber daran glaube ich nicht. Und das hat, hier wiederhole ich mich, zwei Gründe:
- Der erste Grund ist, dass ich seit dem 29.03. aus dem beruflichen Stress heraus bin.
- Der zweite Grund ist, dass ich den privaten Stress im Moment nicht habe (Haus-/Wohnungskauf) und meine Frau sich nicht ganz so egoistisch verhält.
Für einen Unbeteiligten mag sich das wie Pipifax lesen, aber wer davon betroffen ist, der weiß genau, was ich meine.
Nun bin ich kein Mediziner, aber mir ist vollkommen klar, dass der Beginn der letzten Welle mit dem für mich großen beruflichen Stress einhergegangen war und das Ende mit der geistigen und seelischen Erholung zu tun hat. Für den Privatbereich könnte ich nun ähnliches aufführen. Wenn ich jetzt ohne in eine Therapie zu gehen, nach der Krankschreibung wieder in die Mühle gerate, wäre das Ergebnis klar: neue Welle (vielleicht noch schlimmer als die letzte).
Was können mir die Maßnahmen, die in der Klinik getroffen werden, bringen? Was ich am Telefon gehört und im Internet gelesen habe, habe ich 2004 in einer Reha-Maßnahme bereits erlebt. Es ist schön, sowas zu machen. Aber mir hat es auf Dauer nicht geholfen, weil die Begleitumstände sich nie wirklich geändert hatten. Selbst die Heirat im Jahre 2009 nicht. Auch nicht der Umzug im Jahre 2012 nach Kaarst.
Für mich als Betroffener und medizinischer Laie bleibt nur das Analyse-Ergebnis, dass mir nur Schlaf hilft. Das war vor 20 Jahren schon so und hat sich bis heute nicht geändert. Bekomme ich genug Schlaf, habe ich genug Kraft und Energie mich gegen die Unbillen des Lebens zu wehren. Fehlt der Schlaf teilweise oder ganz, wird Energie verbraucht, ohne das diese ersetzt wird. Hält dieser Zustand an, tötet er.
Nun wird sich der geneigte Leser (m/w/d) fragen, was mich vom Schlafen bzw. in erster Linie vom Einschlafen abhält.
Die Frage kann ich nicht beantworten, zumindest nicht konkret, denn einerseits sind es die unruhigen Beine, die ich derzeit nicht habe, andererseits ist es der Kopf, der einfach nicht abschalten will und ein glasklares Fenster offenhält. Es sind für mich zwei Themenbereiche, die es zu durchleuchten gilt. Die unruhigen Beine sind ein krasses Thema. Das Nicht-einschlafen-können ist auch ein krasses Thema, aber sehr viel krasser.
Wenn ich nun mit der Forderung in die Klinik gehe, dass man mir irgendwelche Schlafmittel verpassen soll, damit ich 6 bis 7 Stunden Erholungsschlaf bekomme, wird man mich wahrscheinlich auslachen. Nein, nein, der Grund muss ja erst gefunden werden.
Aus meiner Sicht ist die Suche nach dem Grund (oder den Gründen) nicht (mehr) notwendig. Die Gründe sind nämlich nicht mehr auf dieser Welt. Ich habe vielmehr mit den Auswirkungen zu kämpfen, die sich über Jahrzehnte in mich reingefressen haben. Sie lassen mich nicht mehr los, obwohl ich vieles darum geben würde, wenn sie doch endlich auch verschwinden würden. Tun sie aber nicht.
Sie sind immer da, die Auswirkungen. Nicht immer im Vordergrund, aber irgendwo hängen sie faul von der Decker herunter oder verkrümeln sich in dunklen Ecken. Wegelagerer sind es, die einfach so zuschlagen.
Wahrscheinlich diagnostiziert man mir Wahnvorstellungen, weil ich so dermaßen auf dem Schlaf herumhacke, dass es schon unglaubwürdig erscheint. Aber ich bin mir sicher, der Schlaf ist für mich die beste Medizin. Nur wie komme ich dran? Ein Rezept dafür gibt es nicht und in der Apotheke ist er auch so ohne weiteres nicht erhältlich.
Ganz unvoreingenommen gehe ich also nicht in die Klinik. Ich weiß bzw. ahne, was mich erwartet. Es wird wahrscheinlich eine schöne Erfahrung sein, aber sie wird mir dauerhaft nicht helfen können, wenn ich später in den alten Trott zurück muss. Mein ausgebrannter Kopf lässt sich nicht mit Entspannungsmusik, Klangtherapie und Ergotherapie wieder aufbauen. Vielleicht komme ich körperlich wieder auf die Spur, aber was meinen Kopf angeht, bin ich mir sicher, dass es nicht mehr funktioniert. Es wäre schön, wenn ich die letzten Jahre meines Lebens doch noch mal sowas wie Lebensfreude verspüren könnte. Die fehlt mir bzw. sie war immer nur rudimentär vorhanden.
Weitere Artikel wird es wohl in den nächsten Wochen nicht geben können. In der Klinik ist der Internetzugang nicht so gut möglich (WLAN überlastet). Sollte es doch Möglichkeiten geben, werde ich sie vielleicht nutzen. Ansonsten finde man ggfs. Fotos und unscheinbare Infos auf Instagram.
Aber was ist nun zwischen hoffen und harren? Keine Ahnung, vielleicht werde ich es ab morgen herausfinden.
Jopii, 25.04.2022